Die Landeshauptstadt Stuttgart und die südlich angrenzende teilweise noch sehr ländlich geprägte Kommune Filderstadt stehen trotz äußerlich großer Unterschiede vor ähnlichen planerischen Herausforderungen.
Die Einwohnerzahl der Landeshauptstadt Baden-Württembergs weist seit der Jahrtausendwende einen kontinuierlichen Anstieg auf - seit 2010 um über 1% pro Jahr. Auf der 207 km2 großen Gemarkungsfläche der Stadt lebten im Jahr 2018 rund 612.000 Einwohner. Die Zahl der Erwerbstätigen stieg zwischen 2010 und 2015 jährlich um 8 % an. Im Jahr 2017 waren (laut Statistischem Amt Statistik und Informationsmanagement, Monatsheft 1/2018) 511.500 Erwerbstätige, die in den mehr als 30.000 angesiedelten Unternehmen arbeiten, gemeldet – so viele wie nie zuvor. Diese Entwicklung sowie die zunehmende Attraktivität als Wohnstandort führen zu einem verstärkten Nutzungsdruck auf die Flächen der Stadt.
Stuttgart weist eine ausgeprägte Topografie auf. Die Kessellage bewirkt eine Grenze zwischen Innenstadt und Außenbezirken, wie sie in Ihrer Deutlichkeit in wenigen Großstädte ablesbar ist. Dies führt zu einem besonders hohen Ausnutzungsdruck von innerstädtischen Flächen, dem die Stadt seit 2001 mit dem Instrument des Nachhaltigen Bauflächenmanagements (NBS) begegnet. Dazu gehört auch die Sicherung der städtebaulichen Qualität u.a. hinsichtlich Freiraum und Stadtklima und Naturschutz.
Im Rahmen des Projekts Ramona sollen Kompensationsstrategien in Stuttgart derart weiterentwickelt werden, dass ein besserer Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Belangen möglich wird. Für die Optimierung der administrativen Abläufe und Entscheidungsprozesse sollen zudem die Rahmen von RAMONA entstehenden Akteursnetzwerken beitragen.
Die Kulturlandschaft in der verdichteten Stadtregion soll als natürlicher Lebensraum, als Wirtschaftsraum und als Regenerationsraum für die Bevölkerung langfristig gesichert und weiterentwickelt werden. Beispielsweise gilt es, die Belange des Naturschutzes, des Bodenschutzes und der regionalen Landwirtschaft bei Eingriffen werden besser aufeinander abzustimmen und hierfür sinnvolle Vermeidungs-, Minderungs- und Kompensationsmaßnahmen zu entwickeln.
Die Kommune Filderstadt ist geprägt von einem enormen Wachstumsdruck, verursacht durch die zentrale Lage in der Region Stuttgart und die regional und überregional bedeutsame Infrastruktur, den Flughafen, der Bundesautobahn 8 und Bundesstraßen. Zwischen 2011 und 2016 verzeichnete die Kommune einen Bevölkerungsanstieg von 3% auf derzeit rund 46.000 Einwohner auf 38,5 km².
Dieses Wachstum trifft hier auf eine Vielzahl naturschutzrechtlicher Restriktionen und auf die ertragsreichsten Böden des Landes. Daraus ergibt sich ein hoher naturschutz- und artenschutzrechtlicher Kompensationsbedarf, der einer äußerst geringen Flächenverfügbarkeit gegenüber steht. Die Landwirtschaft der Filderebene ist nicht nur ein Wirtschaftsfaktor, sondern auch wichtiger Bestandteil der lokalen Identität. Der Außenraum ist trotz teilweise deutlicher Lärmbelastung durch die vorhandene Verkehrsinfrastruktur und der intensiven Landwirtschaft auch als Naherholungsraum von Bedeutung. Die strukturelle Gegensätzlichkeit einer zwar 46.000 Einwohner zählenden Stadt, die aber aus fünf eigenständigen, historisch gewachsenen und teilweise ländlich geprägten Stadtteilen besteht, ist eine ständige Herausforderung in der Planung.
In Filderstadt wurden bereits positive Erfahrungen mit multifunktionaler Kompensation durch das Projekt „Landschaftsraum Filder“ sowie mit produktionsintegrierten Maßnahmen im Rahmen des Rebhuhnschutzes gesammelt. Mit der Beteiligung am Forschungsprojekt RAMONA strebt die Kommune eine systematischere Gestaltung der Kompensationspraxis und u.a. über den regionalen Ansatz die Entwicklung hochwertigerer Maßnahmen insbesondere für den besonderen Artenschutz an. Ein weiteres Augenmerk liegt darin, in der Kompensationspraxis der hohen Bodenfruchtbarkeit Rechnung tragen zu können und dadurch die Akzeptanz bei der Landwirtschaft erhöhen.
Filderstadt hat vor dem Hintergrund einer über 30jährigen Streuobstwiesenförderung besonderes Interesse an einer möglichen Verknüpfung von Kompensation und Erhalt der Streuobstwiesen. In Anbetracht der Flächenknappheit ist auch die Aufwertung des Landschaftsraumes zur Naherholung ein Ziel.